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Narzissmus auf dem Vormarsch – privat und im Job

Narzisstische und toxische Beziehungen

Wenn man im www nach den Themen „Narzissmus“, „narzisstische Persönlichkeitsstörung“, „toxische Beziehung“, „narzisstischer Kollege“ sucht, stößt man auf eine große Anzahl von teilweise sehr guten Aufklärungsvideos in den sozialen Medien. Unisono berichten diese über die Ausbreitung von Narzissmus. Ein Zeitgeistphänomen?

An welchem Punkt auf der Suche nach Antworten auf viele ungeklärte Fragen stößt man auf das Thema Narzissmus, narzisstische Verhaltensweisen, toxische Beziehungen? Meistens ist die Ausgangssituation so: Man fühlt sich innerhalb einer Beziehung, sei es im privaten Bereich oder im Job, schlecht behandelt und macht sich auf die Suche nach Erklärungen. Der Partner hat gelogen und man ist ihm auf die Schliche gekommen oder es gab mal wieder einen dieser endlosen Konflikte, und irgendwie hat man das Gefühl, man selbst ist mal wieder der Schuldige, obwohl die objektive Realität anders aussieht. Dann sucht man beispielsweise nach Stichwörtern wie: Lügen in der Partnerschaft oder Schuldzuweisungen oder ähnliches.

Einer meiner Klientinnen erging es so: Sie merkte, dass in ihrer Beziehung etwas nicht stimmte. Sie hatte das Gefühl, in einer Endlos-Achterbahn der Gefühle zu sitzen, denn ihr Ehemann verhielt sich zeitweise sehr zuvorkommend, rücksichtsvoll, einfühlsam, richtig lieb und von einem Moment auf den anderen wurde er zu einem eiskalten, bockigen, egomanischen, verletzenden, entwertenden Unmenschen, dem sie dann fassungslos gegenüberstand. Sie hatte dieses Wechselbad bereits einige Jahre erlebt und hoffte immer wieder, dass sich die Dinge positiv entwickeln würden und ihr Mann sicher an einen Punkt kommen würde, an dem er merkt, wie wichtig seine Frau für ihn ist und dann sicher seine verletzenden Verhaltensweisen ablegen würde. Jedes Mal zerschlug sich ihre Hoffnung. Sie fühlte sich zunehmend energetisch ausgelaugt, fühlte sich fremdbestimmt und fühlte, dass sie so nicht weiterleben konnte. Sie suchte nach Antworten auf die Frage: „Warum ist er so und warum ist er dann wieder anders?“ Sie stieß auf sehr viele, sehr gute Beiträge zu „ambivalenten Verhalten“ und „widersprüchliches Verhalten“. Während ihrer Suche fand sie viele Beiträge zum Thema „Narzissmus“ und ihr wurde klar, dass ihr Ehemann, auch wenn er kein diagnostizierter Narzisst ist, dass er aber zumindest narzisstische Charakterzüge aufwies. Sie berichtete, dass sie in bestimmten Aufklärungsvideos exakt ihr Leben beschrieben fand.

Eine andere Klientin berichtete im Coaching über eine Kollegin, die sie durch ihre Verhaltensweisen zur „Weißglut“ brachte. Es passierten „merkwürdige Dinge“, so berichtete die Klientin. Mal „verschwanden“ Präsentationsunterlagen für ein wichtiges Meeting, die die Kollegin dann „zufällig“ wiederfand und mal wurde die Klientin verbal attackiert mit den Worten: „Tolle Präsentation, das hätte ich DIR gar nicht zugetraut. Muss ein gutes Gefühl sein, wenn man MAL erfolgreich ist.“ Und wenn es ihr gelegentlich nicht gelang, sich verbal Gehör zu verschaffen, fing sie einfach an zu weinen und suchte sich die Opferrolle aus. Mitleid und Unterstützung von außen waren ihr dann sicher. Meine Klientin war stets fassungslos und suchte nach Antworten auf die Frage „Warum ist sie so manipulativ?“. Auch sie stieß auf Beiträge über Narzissmus und ihr fiel die Erkenntnis, es mit einer Person mit narzisstischen Verhaltensweisen zu tun zu haben, wie Schuppen von den Augen.

Sind also narzisstische Verhaltensweisen auf dem Vormarsch?

Das Thema ist sehr komplex. So gibt es Narzissmus, der sich auf verschiedene Weise zeigt. Wir alle kennen den Typ „grandioser Narzisst“ (auch die weiblichen sind hier eingeschlossen). Dieser betritt den Raum und fällt sofort auf (ob nun positiv oder eher nach dem Motto: „Oh nein, nicht DER schon wieder…“ lasse ich erstmal offen). Er ist körperlich sehr präsent mit seinem raumgreifenden Schritt, seiner lauten Stimme und seinem auffälligen Lachen.

Dann gibt es die etwas leisere Version, den verdeckten Narzissten. Dieser kommt eher bescheiden daher. Er wirkt sehr nett, etwas zurückhaltend, freundlich und angenehm im Umgang und bleibt auf den ersten (oft auch zweiten, dritten und vierten) Blick meistens positiv in Erinnerung. Das also soll ein Narzisst sein??? Hm. Der verdeckte Narzisst äußert seine toxischen Verhaltensweisen nicht so offen wie der grandiose Narzisst. Er agiert eher mit einer gewissen Hinterhältigkeit.

An dieser Stelle eine Bemerkung: Nicht jeder selbstbewusst auftretende Mensch ist ein grandioser Narzisst und nicht jeder bescheidene, zurückhaltende Typ hat sich als verdeckter Narzisst getarnt.

Ich beschränke mich daher auf die Beschreibung von narzisstischen Verhaltensweisen oder auch toxischer Verhaltensweisen. Der reine Narzissmus ist eine Krankheit, eine Persönlichkeitsstörung, die bis ins Pathologische reicht und in meiner Tätigkeit als Coach nicht behandelt werden kann.

Beiden Typen von Narzissten, dem grandiosen und dem verdeckten ist jedoch einiges gemein: Sie entwerten ihr Gegenüber, um sich selbst besser, stärker, überlegener, einzigartiger zu fühlen. Sie bedienen sich dabei stark manipulativer Verhaltensweisen, denn es gilt der Grundsatz: Ich will um jeden Preis gewinnen. Empathie ist Fehlanzeige. Sie setzen haarsträubende Lügengeschichten ein und verdrehen die Wahrheit so, dass ihr Gegenüber erheblich an seiner eigenen Wahrnehmung zweifelt (Gaslighting). Sie weisen grundsätzlich jede Verantwortung für ihr schlechtes Verhalten von sich und scheuen nicht davor zurück, die Schuld an Konflikten und an möglichen Konsequenzen nicht nur von sich zu weisen, sondern dem Gegenüber ohne Rücksicht auf Verluste zuzuweisen (Schuldumkehr). Wenn das alles nicht funktioniert, um den Partner wieder gehorsam zu machen, begeben sie sich in die Opferrolle und hoffen, durch diese Manipulation endlich die gewünschte Wirkung beim Partner zu erzielen, nämlich das Nachgeben und das Annehmen von Verantwortung und Schuld sowie die Übernahme der Position des Unterlegenen.

Kommen wir zunächst auf das Beispiel meiner Klientin mit dem wechselhaften Ehemann zurück. Was genau passiert in dieser Beziehung? Welches sind die Gründe für das sehr positiv wahrgenommene Verhalten, das teilweise ein ein wenig übertrieben anmutet und welches sind die Trigger für den Auftritt des „bockigen Kindes“ (so nannte es meine Klientin). Sie beschrieb, dass eine kleine, banale Bemerkung, die wenn überhaupt nur einen sehr geringen Anteil an „Kritik“ an dem Ehemann enthielt, aggressive Verhaltensweisen oder noch schlimmere passiv-aggressive Verhaltensweisen (wie z. B. tagelanges Schmollen und Schweigen) verursacht hatten. Er sei jedes Mal auch bei kleinsten kritischen Anmerkungen extrem „übers Ziel hinausgeschossen“. Anschließend sei der Ehemann für eine gewisse Zeit immer wieder zu sehr zuvorkommendem Verhalten zurückgekehrt. Es gab dann Komplimente, Versprechungen, Blumen, Schmuck und Pralinen. Die Fachwelt nennt dies „Love-Bombing“. Diese Form der Manipulation hat das Ziel, das Gegenüber zu „sichern“ oder konkreter ausgedrückt: die Zufuhr der Energie in Form von Bewunderung, Anerkennung, Zuwendung und Liebe zu sichern.

Schauen wir uns nun das Beispiel im Jobumfeld an. Die verbalen Abwertungen wie beispielsweise: „Das hätte ich DIR gar nicht zugetraut“ haben nur ein Ziel: Abwertung meiner Klientin und gleichzeitige Aufwertung der angreifenden Person. Die toxische Person fühlt sich in dieser Situation wichtiger, überlegener.

Was treibt Menschen wie den oben beschriebenen Ehemann und die Kollegin zu diesem narzisstischen Verhalten?

Generell kann man davon ausgehen, dass toxische/narzisstische Menschen über ein sehr schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl verfügen. Sie haben sich eine gewünscht vorzeigbare, nahezu perfekt erscheinende Persönlichkeit erschaffen und leben in ihrer eigenen Scheinwelt. Ihnen ist es extrem wichtig, dass das Bild, welches sie sich selbst geschaffen haben, in der Öffentlichkeit und auch in der Partnerschaft makellos, fehlerfrei und über jede Kritik erhaben erscheint. Wenn also alles nach ihren Wünschen und Bedingungen läuft, ist alles in Ordnung und die Beziehung fühlt sich für den Partner gesund und harmonisch an.

Und dann: Kleinste Kratzer am schönen Schein, der gefühlte Angriff auf die mühevoll errichtete Schutzmauer für das Ego, die z. B. durch kritische Bemerkungen oder durch einen wohlmeinenden Rat wahrgenommen werden, können eine unvorhersehbare Kränkung hervorrufen, die aggressive Verhaltensweisen wie Wut und wüste Beschimpfungen oder auch passiv-aggressive Verhaltensweisen wie wortloses Verlassen der Situation (Ghosting) oder tagelanges Schmollen, Ignorieren und Schweigen (Silent Treatment) zur Folge haben.

In der oben beschriebenen Job-Situation ist es wahrscheinlich, dass die toxische Kollegin eine Konkurrenzsituation zu meiner Klientin wahrgenommen hat. Für sie galt dann: Angriff durch Abwertung, um sich selbst aufzuwerten.

Befindest Du Dich aktuell an einem Punkt, der mit einer der oben beschriebenen Situationen vergleichbar ist? Im Coaching können wir gerne tiefer einsteigen. Wir schauen uns Deine persönliche Geschichte an und entwickeln Strategien, wie Du Dich Menschen mit narzisstischen Verhaltensweisen gegenüber stark verhältst. Solltest Du überlegen, Dich von Deinem toxischen Partner trennen zu wollen, entwickeln wir ein Exit-Szenario, dass Dich schützt und stark bleiben lässt, damit Du in eine positive Zukunft schauen kannst.

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